Kreuzotter
Vipera berus berus (Linnaeus, 1758)
Die Kreuzotter, Vipera berus, ist eine kleine Giftschlange, die bei uns oberhalb 1'500 m ü.M. im Normalfall nur um die 50-55 cm lang und 50-100 g schwer wird. Tieflandtiere werden gut 10 cm länger und doppelt so schwer. Die Männchen sind im Mittel etwas kleiner als die Weibchen, haben aber einen längeren Schwanz. Beiden Geschlechtern eigen ist als Zeichnung ein durchgehendes Zickzackband längs der Rückenmitte und je eine Fleckenreihe längs der Flanken.
Je weniger gute Überwinterungsplätze in einem Gebiet vorkommen, desto mehr Kreuzottern müssen jeweils beisammen überwintern. So können sich in nordischen Gegenden bis zu 800 Schlangen zusammenfinden, in unseren Zwergstrauchheiden aber üblicherweise kaum mehr als ein Dutzend. Dabei erweisen sich die Individuen als recht ortstreu.
Im Frühjahr sind es dann die geschlechtsreifen Männchen, welche unmittelbar nach der Schneeschmelze als erste aus der Winterruhe erwachen. Für die nächsten zwei bis drei Wochen begeben sie sich an windgeschützte sonnige Plätze, wo sie ihre Spermien reifen lassen und unter der alten, matt gewordenen Haut eine neue bilden. Danach machen sich die Männchen auf die Suche nach paarungsbereiten Weibchen. Diese haben inzwischen die Winterverstecke ebenfalls verlassen und auf dem Weg zu geeigneten Paarungsplätzen Duftspuren ins Gelände gelegt. Sobald ein Männchen auf eine solche Spur stösst, vermag es ihr züngelnd bis zum Weibchen zu folgen. Erst dort wird es in der Regel seine alte Haut abstreifen, was eine Sache von Sekunden ist.
Weltweit hat keine andere landbewohnende Schlangenart ein so grosses Verbreitungsareal wie die Kreuzotter. Es erstreckt sich von Frankreich und Grossbritannien im Westen quer durch Europa und Sibirien bis zur pazifischen Insel Sachalin im Osten. Im Norden überschreitet es in Schweden und Finnland den Polarkreis und im Süden reicht es bis nach Nordgriechenland.

In der Schweiz ist die Kreuzotter unterhalb 1'000 m ü.M. auf Hochmoore angewiesen und damit mindestens so akut bedroht wie diese. Das gilt insbesondere für das letzte Mittellandhabitat im Kanton Zürich, so es denn noch nicht ganz erloschen sein sollte. Die Bestände der Kreuzotter in der montanen, subalpinen und alpinen Stufe (oberhalb 1'000 m ü.M.) sind zwar insgesamt viel zahlreicher, verteilen sich aber auf viele zerstückelte Habitate, von denen die meisten keineswegs als gesichert betrachtet werden dürfen. In der Roten Liste der Schweiz von 2005 ist demzufolge sowohl die nördliche als auch die italienische Klade der Kreuzotter als "stark gefährdet (EN)" eingestuft.
- Hochmoore konsequent schützen und nicht verwalden lassen! Kreuzottern unter allen Umständen erhalten und notfalls auch wieder ansiedeln.
- Waldhabitate in lichtem Zustand erhalten oder notfalls auslichten.
- In bereits bekannten Habitaten weder Fluren bereinigen, Nutzung intensivieren noch Wald aufkommen lassen. Insbesondere Hecken, naturnahe Waldränder, Legesteinmauern, Lesesteinhaufen und andere Kleinstrukturen erhalten.
- Habitate mit angemessenen Pufferzonen umgeben und allenfalls mit geeigneten Umgebungsflächen vernetzen.
- Zwergstrauchheiden und Grünerlengebüsche weder abbrennen noch verwalden lassen.
- An Südhängen keine Skipisten planieren.
Kreuzottern besiedeln in der Schweiz recht unterschiedlich anmutende Biotope. Einerseits findet man die Tiere in einigen wenigen Hochmooren bis ins Tiefland hinunter, andererseits aber auch in lichten Wäldern und einigermassen südexponierten Triftweiden des Berglandes. Diese präsentieren sich in der subalpinen Zone zwischen 1'500 m bis 2'300 m ü.M. oft als Zwergstrauchheiden, wo Kreuzottern in relativ grosser Dichte von bis zu drei oder mehr adulten Tieren pro Hektare leben. Beobachtungen aus dem alpinen Bereich bis 2'900 m ü.M. im Oberengadin bilden dagegen die Ausnahme.
Wo die Waldgrenze vom Menschen aufgebrochen wurde, vermochte die Kreuzotter in der östlichen Alpenhälfte mitunter bis auf rund 1'000 m ü.M. hinab nachzurücken. Hier in der montanen Zone hält sie sich in versteckreichen Mager- oder Düngeweiden. In den westlichen Alpentälern und im Jura hingegen sind diese Biotope meistens von der Aspisviper besetzt. Angesichts ihrer frappanten Ähnlichkeit dürfte sie eine grosse Konkurrentin der Kreuzotter sein. Jedenfalls kommen die beiden Arten nur an wenigen Stellen zusammen vor.
Da die bodenlebende Kreuzotter neben der Aspisviper unsere langsamste und überdies vom Menschen meistgehasste Schlange ist, benötigt sie ausreichend Deckung im Bodenbereich. Diese findet sie in Zwergstrauchheiden vor allem in Form von Mauselöchern und einer zwar lückenhaften, aber nicht lockeren, sondern verfilzten Kraut- und Zwergstrauchschicht. Auf besonders günstigen Flächen profitieren Kreuzottern zudem von bergenden Strukturen wie Blockschutt, Geröll, Legesteinmauern, Lesesteinhaufen u.ä. Solch steinige Landschaftselemente werden nebst Hecken und anderen Saumgesellschaften unterhalb der subalpinen Zwergstrauchzone dann oft essentiell. In Hochmooren freilich bietet anstelle von Steinen vor allem die lockere Torfmoosschicht manchen passenden Unterschlupf für Schlangen. Nicht alle der erwähnten Versteckformen eignen sich für einen längeren Aufenthalt und nur wenige als Überwinterungsplatz.
Kreuzottern weisen ein dunkles, regelmässiges Zickzackband auf dem Rücken auf
In einigen Kreuzotterpopulationen kommen sehr viele melanotische Tiere ("Schwärzlinge") vor
Eine Kreuzotter nutzt - geschützt in ihrem Versteck - die Sonnenstrahlen zur Thermoregulation
Kreuzottern kommen in Feuchtwiesen, Hochmooren, Geröll- und Blockhalden oder wie hier in steinigen Alpweiden vor
Steckbrief
- Gestalt gedrungen und kräftig (v.a. Weibchen)
- Kopf deutlich vom Hals abgesetzt
- Grundfarbe variabel: braune Töne bei Weibchen, graue Töne beim Männchen
- Lokal melanotische (schwarz gefärbte) Tiere häufig
- Rückenzeichnung meist regelmässiges, durchgehendes Zickzackband
- Zickzackband beim Männchen schwarz, kontrastreich; beim Weibchen dunkelbraun
- Auge gross, markantes Überaugenschild
- Schnauze abgerundet
- Pupille senkrecht-spaltförmig
- Oft grosse Kopfschilder auf zentraler Kopfoberfläche
- zwei Schuppenreihen zwischen Auge und Mundspalte
- häufig mit V-förmiger Zeichnung am Hinterkopf
- Verwechslungsarten: Aspisviper, Schlingnatter
- Status Rote Liste: stark gefährdet (EN) (Zur Roten Liste)
- Beobachtung melden
Downloads
- Merkblatt: Die Kreuzotter (pdf)
- Merkblatt: Giftschlangen - was tun? (pdf)
- Artikel: Angst vor Schlangen ? (pdf)
Weiterführende Informationen
- Bestimmungshilfe: Faden- und Teichmolch-Weibchen, Braunfrösche, Wasser- oder Grünfrösche, Eidechsen, Schlingnatter und Kreuzotter, Ringelnatter-Unterarten. Rundbrief zur Herpetofauna von Nordrhein-Westfalen Nr. 28 (2005). Bearbeitet von Martin Schlüpmann.