Unterscheidung zwischen einem Biber-Hauptdamm und einem Nebendamm

Für eine Interessenabwägung im Biberdamm-Management braucht es unter anderem eine genaue Analyse des betroffenen Biberreviers. Nur so kann die Funktion von Dämmen und Bauen richtig interpretiert werden. In der Entscheidungshilfe Biberdamm-Management sind die wichtigen Informationen für eine Interessenabwägung bereits vorhanden. Doch ist eine Unterscheidung von Haupt- und Nebendämmen nicht immer ganz einfach!

Untenstehend wird das Vorgehen zur Unterscheidung von Haupt- und Nebendämmen Schritt für Schritt erläutert und mit Bildern illustriert. 

1.    1.   Das ganze Biberrevier muss abgeschritten werden und mindestens die wichtigen Spuren aufgenommen werden :

  • alle Dämme
  • alle Erdbaue , Burgen , Fluchtröhren
  • Wintervorrat Dieser befindet sich immer vor einem besetzten Bau oder einer Burg
  • Fällplätze  und Frassplätze: Zeigt auf, wo die Biber hauptsächlich aktiv sind
  • Alle Informationen zusammentragen, die zeigen, ob es sich um ein Einzel-/Paarrevier oder um ein Familienrevier handelt.
    • Bei Frassspuren an Ästen nach unterschiedlich breiten Zahnspuren suchen (bis Einjährige und ausgewachsene Tiere können so unterschieden werden, wobei es gegen das Frühjahr zu bereits schwierig wird und nicht immer eindeutig ist)
      Sind Spuren von Jungtieren vorhanden kam es zu Fortpflanzung im Biberrevier und wir sind in einem Familienrevier ( Abbildung 1 unten).
      Achtung: Solche Biberäste können auch mit der Strömung von einem weiter oben gelegenen Biberrevier verfrachtet worden sein. Findet man die Äste an Frassplätzen am Ufer oder im seichten Wasser kann man davon ausgehen, dass die Äste aus dem Revier selber stammen. 
    • Achtung : Können in einem Revier nicht beide Spuren gleichzeitig gefunden werden ist eine Zuweisung zu Jung- oder Alttieren kaum möglich, ausser bei simultaner Direktbeobachtungen beider Altersklassen. Es kann auch sein, dass die Familie im laufenden Jahr keinen frischen Nachwuchs hat. Dann ist die Unterscheidung von 1-2 jährigen und ausgewachsenen Bibern kaum möglich und es muss der nächste Punkt berücksichtig werden. 
    • Anzeichen reger Biberaktivität ( Erdbaue   , zahlreiche Fäll - und Frassplätze , Ausstiege und Wechsel , Markierungen  etc.) lassen ebenfalls auf die Anwesenheit einer Familie schliessen. Bei geringer Aktivität handelt es sich eher um ein Biberpaar oder um ein Einzeltier, wobei gerade in Landwirtschaftsgebieten oft nur wenig Spuren vorhanden sind, weil sich die Biber vornehmlich von landwirtschaftlichen Kulturen ernähren. Hier gibt es aber auch die meisten Konflikte mit Bibern!
    • Alter des Biberreviers? Bei dauerhaft besiedelten Gewässerabschnitten ist die Wahrscheinlichkeit grösser, dass sich eine Familie gebildet hat als bei neu besiedelten Gewässern. 

      Abb. 1 : Unterschiedlich breite Nagespuren von ausgewachsenen Bibern (unten) und von jungen, diesjährigen Bibern (oben). Findet man solche Nagespuren befindet man sich mit Sicherheit in einem Familienrevier (Bild vom 29. November. Die Jungen waren zu diesem Zeitpunkt 6-7 Monate alt).

2. Ist nur ein Damm im Biberrevier vorhanden wird dieser in den allermeisten Fällen den bewohnten Bau der Biber schützen. Sind viele tiefe Wasserstellen vorhanden, die nicht durch den Damm beeinflusst werden, kann sich ein  besetzter Bau   auch an einer solchen Stelle befinden. 

3. Sind mehrere Dämme vorhanden muss die Funktion der einzelnen Dämme bestimmt werden

 


 

Hauptdämme

  • Unter Hauptdämmen verstehen wir Biberdämme, welche bewohnte Erdbaue oder  Burgen (siehe Pfeile in Abbildungen 2, 3 und 4) vor ändernden Wasserständen schützen (Eingang permanent unter Wasser, Transport von Baumaterial, sicheres Tauchen, Erweiterung des Lebensraums etc.).
  • Der besetzte Wohnbau der Biber liegt meist nur wenige Meter oberhalb eines Dammes. Ältere Dämme sind oft massiv gebaut.
  • In neu etablierten Revieren von Einzeltieren können Hauptdämme aber auch relativ schwach – ohne viel Holz – gebaut sein (wie temporäre Dämme , siehe unten). Dann befinden sich aber meist nur Erdbaue oberhalb des Dammes. Hier müssen die Baueingänge gesucht werden! Ist nur ein Damm im Revier vorhanden ist es ein Hauptdamm!
  
Abb. 2 : Der Hauptdamm führt zu einer grossflächigen Überschwemmung und schafft einen Teich, an dem sich eine bewohnte Burg befindet (roter Pfeil). Abb. 3 : Der Hauptdamm befindet sich an einem kleinen Bach mit trapezförmigem Querschnitt. Der bewohnte  Mittelbau  (roter Pfeil) befindet sich in der Uferböschung. In diesem Revier befinden sich noch 5 weitere Biberdämme.

 

Abb. 4 : Einziger Damm im Biberrevier. Dieser Hauptdamm schützt den Mittelbau  50 m oberhalb des Dammes am rechten Ufer (roter Pfeil).  Abb. 5 : Einziger Damm im Biberrevier. Dieser Hauptdamm schützt die  Burg  ca. 200 m oberhalb des Dammes.

 


 

Nebendämme  

  • Unter Nebendämmen verstehen wir Biberdämme, die keinen bewohnten Erdbau oder /// Burg schützen . Deshalb:  KEIN Schutz des Hauptbaus oder der Burg .
  • Ein Nebendamm ist jedoch ganzjährig fester Bestandteil eines Reviers (Erschliessung von Nahrung, Transport von Holz, Erweiterung des Lebensraums etc.).
  • Verwendetes Baumaterial sind oft Äste und Steine. Kann aber auch mit einem Hauptdamm verwechselt werden!
  • Befinden sich Staubereich eines Nebendammes unterirdische Eingänge in die Uferböschung, ist nicht immer klar, ob es sich um einen Bau handelt oder « nur » um eine Fluchtröhre.
 
Abb. 6: Nebendamm in einem Entwwässerungskanal mit Beton-Halbschale. Die Wassertiefe ohn e Damm beträgt nur 10-20 cm, oberhalb des Dammes ca. 50 cm. Oberhalb des Dammes konnte KEIN Erdbau gefunden werden. Abb. 7: Nebendamm eines Familienreviers in einem Entwässerungsgraben im Landwirtschaftsgebiet. Der Hauptdamm liegt 100 m oberhalb (Abb. 3 oben).
   
Abb. 8:  N ebendamm an einer Giesse in einer Aue von nationaler Bedeutung. Der Damm staut die Giesse nur ein paar Zentimeter auf, die Burg der Biberfamilie liegt unterhalb an einem Baggersee. Abb. 9 : Nebendamm an einem Entwässerungskanal. In der Uferböschung konnte KEIN Baueingang gefunden werden. Die Burg liegt an einem Teich 200 m oberhalb dieses Dammes.
 
 
Abb. 10: Grosser Nebendamm an in einem Naturschutzgebiet. Oberhalb des Dammes konnten KEINE Erdbaue oder Fluchtröhren gefunden werden. Die Biberfamilie lebt weiter unten in einem Rückhaltebecken.  Abb. 11 : 20 Meter breiter Nebendamm in einer Giesse. Der Hauptdamm, der die Biberburg schützt ist nur 100 m weiter oberhalb (im Hintergrund erkennbar). Mit diesem Damm überschwemmt die Biberfamilie Teile des Gebietes um einfacher an Nahrung zu gelangen. 
   

 

Temporäre Dämme

  • Biberdämme, welche im Landwirtschaftsgebiet zur Erschliessung von saisonaler Sommer- und Herbstnahrung (z.B. Zuckerrüben, Mais) dienen. Ermöglicht schnelles  Abtauchen bei Gefahr direkt bei der Nahrungsquelle (Sicherheit für die Tiere).
  • Meist nicht sehr hoch und stabil gebaut, oft auch aus Maisstängeln und Erdmaterial erstellt. Nebst der temporären Dämme sind auch noch andere Dämme im Biberrevier vorhanden.
  • Oft befindet sich oberhalb eines temporären Dammes mind. ein Eingang in der Uferböschung. Dies ist der Eingang zu einer Fluchtröhre, in die sich die Biber bei Gefahr in Sicherheit bringen. Mit einem Ast kann die Länge der Röhre festgestellt werden.
Abb. 12: Temporärer Biberdamm in einem Entwässerungsgraben im Landwirtschaftsgebiet. Der Damm ist fast ausschliesslich aus Maisstängeln gebaut.  Abb. 13: Temporärer Biberdamm in einem Entwässerungsgraben im Landwirtschaftsgebiet. Der Damm ist vollständig aus Maisstängeln gebaut. 
 
Abb. 14: Temporärer Biberdamm in einem Entwässerungskanal. Der Damm ist aus Holz, Maisstängel, Zuckerrübenblätter und Schlamm gebaut.  Abb. 15 : Temporärer Biberdamm in einem Entwässerungsgraben im Landwirtschaftsgebiet. Der Damm ist stabil aus Holz gebaut. Könnte daher auch mit einem Nebendamm verwechselt werden (ganzes Revier genau anschauen).